Fahrradweg

Fahrradweg © Fahrradweg

Abbau der Radwegebeschilderung im Kreis Heinsberg

Die Position des ADFC Heinsberg e.V.

Im Herbst 2016 begann die Kreisverwaltung die Radwegebeschilderung auf den Strecken, für die sie verantwortlich ist, zu überprüfen und größtenteils abzubauen.

In der Presse wurde darüber berichtet – leider wurde versäumt, die Bürger entsprechend und korrekt aufzuklären. In der Presse fand man Schlagzeilen, dass Radwege nun verboten würden. Wir möchten nun einige Hintergründe und unsere Sichtweise darlegen.

Früher wurden Fahrradfahrer von der Fahrbahn auf den Gehweg geholt, um den Verkehrsfluss für den Autoverkehr zu stärken. Den Beginn machten die Nationalsozialisten in Vorbereitung auf die Olympiade in Berlin. Die ganze Welt sollte ob der Fortschrittlichkeit in Deutschland neidisch werden, da „störten“ die Fahrräder im Bild. In den Zeiten des Wirtschaftswunders galt es dann als „schick“ mit dem Auto unterwegs zu sein und das Fahrrad wurde zum „Verkehrsmittel armer Leute“, was den Verkehr deutlich dichter werden ließ. Heute besitzt eine Familie meistens mind. zwei Autos, was eine neue Beurteilung der Verkehrswege dringend notwendig macht.

Eine Verkehrsführung, die lediglich den Verkehrsfluss – vor allem des motorisierten Verkehrs – im Auge hat, führt zu zwei Nachteilen:

  1. die Durchschnittsgeschwindigkeit erhöht sich (mit entsprechenden Sicherheitsrisiken)
  2. das Verkehrsaufkommen erhöht sich, was widerrum zu Staus und unübersichtlichen Situationen führt.

Daher hat der Gesetzgeber beschlossen, dass bei allen Anordnungen im Straßenverkehr die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer vor dem Verkehrsfluss zu stehen hat. Was bedeutet das nun? Wenn eine Führung des Fahrradfahrers für alle Verkehrsteilnehmer auf der Fahrbahn sicherer ist, als auf dem Seitenstreifen, dann muss eine Benutzungspflicht des Seitenbereiches für den Fahrradfahrer aufgehoben werden. Später erklären wir, was das mit dem Benutzungsrecht macht.

 

Der ADFC im Kreis Heinsberg begrüßt, dass diese Überprüfung nun endlich stattfindet und auch dass viele der blauen Radwegeschilder abgebaut werden.

Eine wichtige Voraussetzung, damit das diese Wende sinnvoll funktioniert, ist das Besinnen aller Verkehrsteilnehmer auf die Straßenverkehrsordnung §1 „Die Teilnahme am Straßenverkehr erfordert ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht.“ Uns wird berichtet, dass Fahrradfahrer häufig „weggehupt“ oder zu knapp überholt werden. Auch wird uns berichtet, dass Fahrradfahrer auf den Gehweg ausweichen, was dann widerrum die Fußgänger gefährdet. Hier fordern wir jeden Verkehrsteilnehmer – und dabei ist uns das Verkehrsmittel egal – zu mehr Besonnenheit und Einhalten der Straßenverkhrsordnung auf!

Durch den Abbau des Verkehrszeichen (Radweg, getrennter Rad- und Gehweg bzw. gemeinsamer Rad- und Geweg) wird dieser Weg grundsätzlich erstmal dem Fahrradfahrer nicht verboten. Solange ein Radweg durch eine bauliche Markierung (aufgezeichnetes Fahrradpiktogramm, rote Pflasterung etc) vorhanden ist, an diesem jedoch keins der obigen Verkehrsschilder angebracht ist, ist es dem Fahrradfahrer freigestellt, welchen Weg er nutzt. Ebenfalls ist es einer Verwaltung möglich, einen Geweg durch ein Zusatzzeichen „Fahrradfahrer frei“ den Radfahrern zu erlauben.

Wir empfehlen grundsätzlich dennoch die Fahrbahn zu benutzen. Warum tuen wir das? Möchte der ADFC Heinsberg e.V. etwa die Fahrradwege zurückbauen? Dazu gibt es ein klares NEIN!
Langfristig ist es im gesamten Kreisgebiet dringend notwendig, dass ein zwischen den einzelnenen Baulastträgern abgestimmtes Radverkehrsnetz gebaut wird, welches ein sicheres und kontinierliches Vorankommen möglich macht. Leider sind dafür erhebliche Baumaßnahmen notwendig:

1) Sehr häufig beobachtet man, dass angelegte Fahrradwege abrupt enden und der Fahrrradfahrer sich vor der Herausforderung befindet, in den fließenden Verkehr einzuordnen. An solchen Situationen ist es sicherer, wenn der Fahrradfahrer bereits im Verkehr „mitgeschwimmt“, da er sich so ständig im Blick des rückwärtigen Verkehrs befindet.

2) Manch ein Fahrradweg ist durch einen Parkstreifen von der Fahrbahn getrennt. Dies führt dazu, dass der Fahrradweg von Abbiegern vergessen werden, bzw. KfZ, die aus der Einmündung in die Straße abbiegen wollen, gezwungen sind, den Fahrradweg zu sperren, um die Fahrbahn einsehen zu können.

3) Völlig zu Recht wird sogenannten „Geisterradlern“ (Fahren auf dem linken Fahrradweg) vorgeworden, die Situation unnötig kompliziert und gefährlich zu machen. Dieser Richtung des Radweges wird von Abbiegern bzw. Einmündern weniger Beachtung geschenkt und ein Ausweichen durch entgegenkommende Radler ist häuig nur schwer möglich. Was sich uns dann nicht erschließen will: Warum wird diese Nutzung regelmäßig von den Verwaltungen angeordnet?

Worüber wir erstaunt sind, ist die harte Vorgehensweise der Kreisverwaltung. Nachdem jahrelang den Bürgern durch die Anordnung der Benutzungspflicht beigebracht wurde, dass diese Wege sicherer als die Fahrbahn sei, wird nun mit einem Paukenschlag eine Gehirnwäsche mit 180° Wende von der Bevölkerung erwartet. Vielerorts führte dies zur Verunsicherung bis zur Empörung. Dieses Umdenken in der Fahrweise erfordert Aufklärung und Übung. Autofahrer müssen sich an Fahrradfahrer auf der Fahrbahn und den Umgang damit ebenso gewöhnen, wie Fahrradfahrer die sichere Fahrweise auf der Fahrbahn üben müssen. Vielerorts beobachten wir, dass Radler sich in den Rinnstein abdrängen lassen und damit knappe und gefährliche Überholmanöver nahezu provozieren. Wer sich selber in dem Milieu nicht wohlfühlt wird seine Kinder sicher nicht selbständig zur Schule fahren lassen. Bevor die sogenannten Eltern-Taxen wieder zunehmen ist es unseres Erachtens zielführender, wenn viele Wege den Radfahrern vorerst weiter freigestellt bleiben – bis mindestens Schutzstreifen markiert wurden und der Verkehr sich an die neuen Gegebenheiten gewöhnt hat.

FAZIT: Ein geübter Fahrradfahrer fährt auf der Fahrbahn mit einem Sicherheitsabstand von 1,00 Meter zum Fahrbahnrand (1,50 Meter, wenn dort Autos geparkt stehen). Ein noch ängstlicher Fahrradfahrer nutzt die sog. sonstigen Radwegen – mit dem gewohnten regelmäßigen Verzicht auf die Vorfahrt und entsprechender Rücksichtnahme auf die Fußgänger.

Wir bitten einige Autofahrer beim Anblick eines Radfahrers um etwas mehr Besonnenheit. Einmal tief durchatmen und warten, bis im Gegenverkehr eine geegnete Lücke zum Überholen entsteht. Diese Verzögerung wird sich im unteren einstelligen Minutenbereich erstrecken. Allerdings möchten wir auch eine Lanze für die vielen rücksichtsvollen KfZ Führer brechen: Vielen Dank, dass Ihr auf uns Fahrradfahrer achtgebt! Auf den Straßen geht es nur gemeinsam, wenn wir alle aufeinander Acht geben.

Die Radler des ADFC treffen sich regelmäßig, um u.a. auch über Derartiges zu sprechen (Erkelenz: Im Anton's am letzten Montag der geraden Monte um 19:30h und inGeilenkirchen: Nikolaus-Becker-Stube am letzten Donnerstag der ungeraden Monate um 19:30h) und stehen für Fragen gerne zur Verfügung – gerne auch per E-Mail: kontakt@adfc-hs.de

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