Wintertour 6 HS- HÜ-2022
Zwischen Heinsberg und Hückelhoven kann man so manches sehen und erleben – bis hin zum Angriff der Milchkühe
Ihr seid unterwegs mit Dieter
Die letzten Schauer sind vorüber und die Wetter- App zeigt ein Zeitfenster von drei Stunden, bis die nächsten Regenwolken anrücken sollen. Als ich das Rad aus der Garage hole, ist es saukalt, die Straße noch nass und die Luft schwer. Also alles bestens, rede ich mir ein. Ich starte, diesmal ohne Begleitung, auf eine 36- Kilometer- Runde zwischen Heinsberg und Hückelhoven. Zeit und Strecke passen gut zusammen.
Vom Zentrum Hückelhovens geht es, vorbei an der Millicher Halde mit ihrer Himmelsleiter, in Richtung Rur. Auf meinem Weg durch die Felder präsentieren sich beide von ihrer Schokoladenseite (Komoot, Wegepunkt 6). Ich überquere den Millicher Bach auf einem kleinen Brückchen, kurz bevor dieser in die Rur mündet. Das Erste, was mir auffällt: Der Radweg ist nach dem letzten Hochwasser vom Juli wieder instandgesetzt. Spuren des Hochwassers sieht man jedoch immer noch in Form von Papp- und Plastikfetzen im Geäst der Uferbäume. Ob sich wohl zeitig jemand erbarmt? Der Adolfosee kommt in Sicht. Diesmal habe ich das Ost- und Nordufer zur Umfahrung gewählt. Linkerhand hinter der Insel ragt eine Bunkerruine aus dem Wasser (Komoot, WP 10); ein Silberreiher hat ihn sich zum Ausguck erkoren. Diese Ruine ist eine von vier Bunkerresten, die zum ehemaligen Westwall gehörten. Ende der Achtziger entstand nach dem Ende des dortigen Kiesabbaus und der anschließenden Flutung der heutige See. Weiter am Nordufer tauchen das Vereinsheim des Segelclubs und das Haus am See auf, dann nehme ich querfeldein Kurs auf das NSG „Untere Ruraue“ mit seinem spektakulären Rur- Übergang (Komoot, WP 14). Auf wechselnden Untergründen, mal naturbelassen, mal fein geschottert, aber auch zur Abwechslung mal plattiert, passiere ich Garsbeck und Krickelberg. Rechts, erhöht am Hang liegend, ziehen sie langsam an mir vorbei. Und nun bin ich da: Unter einer schmalen Stahlbrücke schäumt die Rur hindurch. Man könnte rüber, ohne abzusteigen. Aber vielleicht sollte man den Genussfaktor erhöhen, indem man trotz der Enge sein Rad hinüberschiebt.
Folgte die Strecke bislang dem Verlauf der Rur, verlasse ich diese nun nach Südwesten in Richtung Heinsberg, genieße das kurze Stück Premium- Asphalt und wende mich nach rechts in einen teilweise schlammigen Feldweg. Gerade überlege ich, ob es keine Alternative dazu gibt, höre ich von links hinten kollektives Gemuhe. Ein kurzer Blick und ich sehe es nahen. Zuerst noch verhalten, dann aber beängstigend schnell, galoppiert eine Herde Kühe (ein Bulle ist auch dabei) unaufhaltsam in meine Richtung. Mit Turbo- Boost und hohem Puls suche ich das Weite, die letzten 20 Meter ging´s parallel mit der Herde auf beiden Seiten des Zauns voran. Was war das denn? Wahrscheinlich hätte ich meinen Puls in diesem Moment auch mit Skihandschuhen fühlen können! Übrigens: Ich habe die Alternative gefunden und die Strecke adrenalinmindernd gestaltet (Komoot, WP 15).
Entspannter durchfahre ich die Vororte Fell, Genoth und Schafhausen und gelange dann auf ein weitläufiges Wiesengelände, welches von einer schnurgeraden, kleinen Straße namens Torfbruch der Länge nach geteilt wird. Die linke Seite wird von einem Graben und einer Kopfweidenallee gesäumt. Auch die südliche Ortslage von Schafhausen und Genhof wirken ländlich, zudem wird es etwas hügeliger. Das Klevchen, eine idyllisch an einem Waldstreifen verlaufende kleine Straße bringt mich ins Stadtzentrum von Heinsberg. Mit seinem imposanten Burgberg. Wer ihn noch nicht (richtig) kennt, sollte anhalten und ihm einen Besuch abstatten. Ein Stück kann man mit dem Rad hinauf, das Plateau muss man zu Fuß erkunden, Hinweistafeln unterstützen bei der Entdeckungsrunde. Erst nach mehreren Anläufen kann ich von mir behaupten, wahrscheinlich alles gesehen zu haben.
Stadtauswärts führt mich mein Weg mitten durch einen Kiesabbau nach Schleiden und weiter durch die Felder nach Hülhoven. Die Sonne bricht durch die Wolken. Der Blick geht an den Horizont bis Wassenberg: Der die Stadt überragende Bergfried glüht in diesem Moment fast so schön wie die Alpen!
In Hülhoven angekommen, gönne ich mir den kleinen Abstecher nach Haus Hülhoven (Komoot, WP 35), einem Herrensitz mit Ursprung im 13. Jahrhundert. Es fasziniert mich mit seiner lebhaft gegliederten Fassade und der weitläufigen Vorburg. Mit Sicherheit werde ich das Haus in eine meiner geführten Touren einbinden.
Zwischen Dremmen und Grebben verläuft der Weg zum östlichen Ortsrand von Oberbruch. Begleitet werde ich vom ersten Zug Graugänse, die ich in diesem Winter sehe. Immer nahe der Wurm radele ich nach Osten, unter der A46 hindurch und halb um das Kieswerk bei Haus Kaphof (Komoot, WP 43) herum bis Hilfarth. Noch einmal quere ich die Rur und nach weiteren 1,5 Kilometern beschließe ich die Runde am Breteuil- Platz in Hückelhoven.
Nach Hause sind es noch knapp 5 Kilometer. Vorher schon hatte ich kalte Füße, aber ausgerechnet auf der Zielgeraden fühle ich meine Zehen nicht mehr. Soll ich mir doch ein Paar Merinosocken leisten?
Dieter Bonnie